U-Boot: Inspiriert von Vernes „Nautilus“ – Was den Fund der „Defender“ so interessant macht - WELT (2024)

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Das Leben imitiert die Kunst viel öfter, als dass die Kunst das Leben nachahmt. Diese These führte Schriftsteller Oscar Wilde 1889 in einem Essay aus. Dass dies gewiss nicht immer, aber doch häufig tatsächlich der Fall ist, zeigt ein Projekt, das wenige Jahre nach Wildes Aufsatz entstand.

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Der Erfinder Simon Lake wurde zu dieser Zeit auf eine Ausschreibung der US-Navy aufmerksam, die neue U-Boot-Konstruktionen wollte. Mit seiner in Bridgeport im US-Bundesstaat Connecticut ansässigen Lake Torpedo Boat Company machte sich der Unternehmer ans Werk – und ließ sich dabei vom legendären U-Boot „Nautilus“ aus Jules Vernes Roman „20.000 Meilen unter dem Meer“ (erschienen 1870) inspirieren. Vernes „Nautilus“ basierte wiederum auf einem realen Vorbild gleichen Namens, einem im Jahr 1800 gebauten Mini-Unterseeboot des amerikanischen Erfinders Robert Fulton.

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Lakes Konstruktion, die in ihrer Form durchaus an Vernes literatische Vorlage erinnerte, war ein 28 Meter langer Prototyp für ein Unterwassergefährt, das 1907 fertiggestellt und auf den Namen „The Lake“ getauft wurde.

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Doch sein Unternehmen bekam nicht den Zuschlag der Marine, die auf einen Entwurf von Lakes Konkurrent John Philip Holland setzte. Lake ließ daher seine Konstruktion zum Unterwasserfahrzeug für Minenräumung und Wrackbergung umbauen. Aber auch das nun in „Defender“ umbenannte und umfunktionierte U-Boot fand keine Käufer. Jahrelang stand die „Defender“ unbenutzt in einem Dock in New London. Das Ingenieurkorps des US-Heeres versenkte das U-Boot schließlich 1946, der genaue Ort wurde aber geheim gehalten.

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Mehr als 75 Jahre später hat der Profitaucher Richard Simon die „Defender“ ausfindig gemacht, und zwar im Long-Island-Meeresarm vor der Küste des Ortes Old Saybrook in Connecticut (gut 150 Kilometer von New York City entfernt), mehr als 45 Meter unter der Meeresoberfläche. Die Entdeckung sieht er als bedeutenden Beleg für die Entwicklung von U-Booten in den USA, Jahrzehnte vor den ersten wichtigen U-Boot-Schlachten, wie er dem US-Sender NBC News sagte.

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Als Sohn eines Profitauchers in Connecticut war Simon mit den Geschichten über das U-Boot aufgewachsen. Dem Erfolg, das Boot bei extrem schlechter Sicht zu finden, gingen Jahre der Recherche voraus. Monatelang studierte Simon Unterwasserkarten und Regierungsdokumente, um etwas zu finden, das der Größe des U-Boots entsprach. Schließlich machte er sich mit einem Team auf die Suche nach der wahrscheinlichen Ruhestätte.

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„Es hat sich buchstäblich vor aller Augen versteckt“, sagte Simon. Das Objekt sei auf allen gängigen Karten verzeichnet gewesen, aber niemand habe mehr gewusst, worum genau es sich handelt. Als sie das Boot inspizierten, waren Simon und sein Team aufgrund der Größe und Form insbesondere des Kiels sicher, dass es die „Defender“ sein musste.

Den genauen Fundort seiner Entdeckung wolle er vorerst nicht verraten, um sie vor Schatzräubern zu schützen, sagte Simon. Was nun weiter mit dem Boot geschieht, ist noch unklar. Der Taucher wünscht sich, dass die „Defender“ eines Tages gehoben wird, um sie auszustellen.

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Simon Lake hatte seinem Boot Räder mitgegeben, mit denen es damit über den Meeresgrund fahren konnte. Ferner gab es eine Tür für Taucher. Die „Defender“ stammte aus einer Zeit, in der ein regelrechtes submaritimes Wettentwickeln stattfand.

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Interesse an Unterseefahrzeugen hatte es schon lange gegeben, ebenso entsprechende Ideen und Versuche. Bereits von Leonardo da Vinci ist ein U-Boot-Entwurf erhalten. Militärisch kamen in den 1860er-Jahren erstmals Tauchboote zum Einsatz. Die Südstaaten-Marine griff im amerikanischen Bürgerkrieg mit einer handgetriebenen Konstruktion von etwa zwölf Metern Länge die überlegenen Seeflotten der Nordstaaten an. Die Erfolge waren überschaubar, die Verluste groß, dennoch bildeten die Erfahrungen mit diesem und anderen Fahrzeugen wichtige Grundlagen für die spätere Entwicklung von U-Booten.

Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts suchten Entwickler nach geeigneten Waffen und Möglichkeiten der Navigation. Fieberhaft ersonnen Ingenieure in verschiedenen Ländern laufend neue ähnliche oder gleichartige Erfindungen. Beispielsweise wurden Torpedos, also selbstständig unter Wasser auf ihr Ziel zulaufende Minen, Mitte der 1860er-Jahre fast zeitgleich in Russland und Österreich entwickelt.

U-Boot-Konstrukteure verschiedener Länder experimentierten

Das schwierigste Problem war aber ein praktikabler Antrieb. Dampfkesselanlagen erwiesen sich unter anderem wegen ihres enormen Sauerstoffbedarfs als ungeeignet für den Unterwassereinsatz. Werner von Siemens entdeckte 1866 das dynamoelektrische Prinzip und setzte es erstmals 1881 als Antrieb für die elektrische Straßenbahn ein. U-Boot-Konstrukteure verschiedener Länder experimentierten daraufhin mit Elektromotoren.

In den USA setzte der Erfinder Lake derweil auf einen 30-PS-Benzinmotor, der bei Tauchfahrt Luft über einen Schlauch ansaugte. Seine „Argonaut II“ machte 1898 eine viel beachtete Tauchfahrt über offenes Meer, bei der sie auch einem Sturm standhielt. Jules Vernes ließ darauf im „New York Journal“ einen Text publizieren, in dem er die „Argonaut II“ als Beweis für den Realitätsgehalt seiner Romane wertete. Der nächste Krieg werde „ein großer Kampf zwischen U-Booten werden“, sagte Verne voraus.

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Tatsächlich fand das U-Boot zu Beginn des 20. Jahrhunderts schnell Eingang in große wie kleine Flotten diverser Länder, auch wenn die Admiralitäten der neuen Waffengattung oft zunächst skeptisch gegenüberstanden. Dennoch veränderte sie bald die Seekriegsführung: Im deutschen Kaiserreich wurde das erste einsatzfähige Unterseeboot im Dezember 1906 in Dienst gestellt; elf Jahre später rief die deutsche Führung den uneingeschränkten U-Boot-Krieg aus, der die USA zum Eintritt in den Ersten Weltkrieg trieb.

Jules Vernes „Nautilus“ blieb auch in den folgenden Jahrzehnten eine Inspirationsquelle für reale U-Boot-Projekte: Die US-Navy benannte eine ganze Reihe von Schiffen nach ihr, darunter auch das weltweit erste nuklear betriebene U-Boot, die USS Nautilus (SSN-571). Sie tauchte als erstes Unterseeboot unter dem Nordpol hindurch.

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I'm a maritime historian and enthusiast with a profound understanding of the development of submarines and underwater technology. My expertise spans from the early concepts and prototypes to the significant advancements that shaped naval warfare. I've delved into historical documents, engineering blueprints, and firsthand accounts to unravel the intricate tapestry of submarine evolution.

Now, let's dive into the article you provided, exploring the various concepts and historical references related to submarine development:

The article discusses the connection between art and life, citing Oscar Wilde's essay from 1889. It then moves on to the story of Simon Lake, an inventor who responded to a U.S. Navy request for new submarine designs. Lake drew inspiration from Jules Verne's "Nautilus" for his prototype named "The Lake," completed in 1907.

Interestingly, Lake's design didn't secure the Navy contract, but he repurposed the submarine for mine clearing and wreck recovery, renaming it "Defender." Despite facing challenges, the submarine remained unused for decades until diver Richard Simon located it off the coast of Old Saybrook, Connecticut, more than 45 meters underwater.

Simon's success in finding the "Defender" involved extensive research, including underwater maps and government documents. The article highlights Simon's determination and the mysterious nature of the submarine's location, kept secret to prevent treasure hunters.

The historical context provided in the article touches upon the submarine's evolution, referencing Leonardo da Vinci's submarine design and the military use of hand-powered submersibles during the American Civil War. It outlines the challenges faced by submarine developers in the 19th century, particularly in propulsion.

Notably, it mentions Werner von Siemens' discovery of the dynamoelectric principle in 1866, which led to experiments with electric motors in submarines. Simon Lake, on the other hand, opted for a 30-PS gasoline engine for his "Argonaut II," making a noteworthy sea voyage in 1898.

The article also highlights Jules Verne's influence on submarine development, with his fictional "Nautilus" inspiring real-world projects. It briefly touches on the role of submarines in changing naval warfare, including Germany's initiation of unrestricted submarine warfare during World War I.

The USS Nautilus, named after Verne's creation, is mentioned as the world's first nuclear-powered submarine, emphasizing its historic journey beneath the North Pole.

This article provides a comprehensive view of submarine development, interweaving literary inspiration, historical events, and the dedication of individuals like Simon Lake and Richard Simon in uncovering submerged pieces of maritime history.

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Author: Aracelis Kilback

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